Am Morgen um halb vier wurde ich vom Tonband des Muezzins geweckt, das lautstark durch Istanbul hallte. Ansonsten war es still draussen, nicht einziges Geräusch war zu hören.
Ich drehte mich nochmals um und als ich die Augen wieder öffnete, war draussen schon heller Tag. Während Tobi noch im Bett liegen blieb, hüpfte ich unter die Dusche und fing danach an, unsere Sachen zusammenzupacken. Als dann Tobi auch endlich soweit war, genossen wir unser letztes Hotelfrühstück, ehe wir kurz vor zwölf auscheckten und mit dem Gepäck zu unserem Auto gingen.
Wir räumten unsere Sachen ein und fuhren zum Sultan Kösesi um uns zu verabschieden. Dabei hinterliessen wir noch unsere Mailadresse. Nach einem Ayran (Naturjogurt mit Wasser und Salz) und einem türkischen Tee, fuhren wir los Richtung Sozlu Center, welches wir uns noch ansehen wollten. Das Sozlu Center ist ein riesiges Einkaufszentrum in Istanbul, welches aus neugebauten Hochhäusern bestand, etwas ausserhalb des Stadtzentrums.
Dort angekommen staunten wir über die Welt die dort herrschte. Das Ganze wirkt so unecht, dass man es schon fast als virtuell bezeichnen könnte. Draussen herrschte ein gigantisches Verkehrschaos, während im Park des Einkaufszentrums eine Art Oase der Ruhe und des Luxus’ herrschte. Grünflächen mit Bäumchen, Wasserplätschern, zahlreiche kleine Restaurants und die teuersten Markenläden wie Dolce & Gabbana, Fendi, Yves Saint Laurent, usw.
Der Eingang des Zentrums wird strengstens kontrolliert und wer es sich leisten kann, kann direkt mit dem Hubschrauber auf dem Dach des Einkaufszentrums landen, um shoppen zu gehen. Total übertrieben und richtiggehend Dekadent, wenn man an die zahlreichen Strassenkinder denkt, die spät abends noch versuchten, Blumenkränze zu verkaufen, um auf diese Weise zu überleben.
Wir verliessen das Sozlu Center wieder und fuhren auf der Autobahn über die riesige Brücke, welche Europa mit Asien verband. So liessen wir Europa hinter uns und fuhren auf dem asiatischen Kontinent weiter. Die Meeresenge lag türkisblau unter uns und wieder fuhren diverse Frachtschiffe hoch, ins Schwarze Meer. Istanbul lag alsbald hinter uns und das, obwohl wir die nächsten zwanzig Kilometer im Schneckentempo fuhren, weil der Verkehr so dicht war, dass man kaum vom Fleck kam. Das ungeduldige Gehupe der Verkehrsteilnehmer trug ebenfalls nichts dazu bei, dass es schneller ging, genauso wenig wie das Drängen und Fluchen. Zum Glück aber hatten wir ja noch Baklava im Auto, welches uns buchstäblich den Tag versüsste.
Irgendwann verliessen wir dann die Autobahn und fuhren auf einer Landstrasse Richtung Sile, welches direkt am Schwarzen Meer liegt. Dort angekommen, mussten wir erstmals Lebensmittel kaufen, da unser Kühlschrank so gut wie leer war. Danach machten wir uns auf die Suche nach einem Campingplatz, damit wir das ganze Fahrzeug mal wieder richtig einrichten konnten. Bei einem Caravan Camping hielten wir an und der Besitzer meinte, er hätte geöffnet. Das Problem war nur, dass er kein einziges Wort Englisch sprach und es ziemlich mühsam war, ihm zu erklären, dass wir einen Platz zum Übernachten suchten.
Schlussendlich stellte sich dann heraus, dass er gar keine Caravans und andere Fahrzeuge wollte, sondern bloss, dass man in einem seiner Bungalows übernachtete. Eine Bruchbude für umgerechnet etwa hundertzehn Schweizer Franken. Es kostete mich eine Menge Selbstbeherrschung, ihm nicht augenblicklich den Vogel zu zeigen. Ich meine, wer schreibt den Caravan Camping auf seine Tafel und hat nur obermiese Bungalows für so einen überteuerten Preis zu bieten? Verrückte Welt!
Wir verliessen seinen Platz wieder und wurden weiter unten fündig. Für umgerechnet zwanzig Franken fanden wir ein Camping, wo wir dann blieben und es uns gemütlich machen konnten. Mittlerweile war es schon etwas später, deshalb kochten wir alsbald zu Abend und liessen ihn bei einem Glas Wein und einem Bier ausklingen.
Übrigens, obwohl es in Istanbul zum Teil kräftig geregnet hatte, war unser Dach auf der Innenseite komplett trocken! Juhee! 😀