Es gibt Tage, da ist man einfach lustlos, müde und hat null Bock sich etwas anzusehen.
So geht es mir am nächsten Morgen auch, ich habe zwar den Drang weiterzufahren, aber ich weiss weder wohin, noch was ich heute anstellen will.
Wir haben schon so viele Wasserfälle und Naturpools gesehen, die roten Felsen, die verschiedenen Farben und die Weite der Wüste.
Wunderschön und immer wieder ein Highlight, schaffen sie es aber heute nicht, uns zu motivieren und begeistern.
So entscheiden wir uns vom einen Schlafplatz zum nächsten Schlafplatz zu fahren und dabei einfach ein bisschen die Fahrt zu geniessen.
So legen wir wieder viele Kilometer durch das Outback zurück, folgen der Strasse zwischen den schönen Canyons hindurch, halten nach Kängurus und Emus Ausschau, bekommen aber nur Rinder zu Gesicht und ein paar Milane.
Ein paar Adler kreuzen jedoch unseren Weg, sie sind unser kleines Highlight.
Auf dem neuen Platz angekommen setzen wir uns zuerst mal zusammen, um die Pläne für den Trip nach Australien zu besprechen.
Als wir da so sitzen und mit dem Block und dem Kugelschreiber alles notieren, fährt ein Landcruiser mit einem alten Wohnwagen neben uns ran und ein Mann Mitte Fünfzig steigt aus, zusammen mit einem kleinen Jack Russel.
Er gesellt sich sogleich zu uns und stellt sich als John vor und seinen Hund als Stumpy.
Als wir später unser Feuer machen und ein Steak auf dem Grill garen, fragt er uns ob er sich mit seinem Hund zu uns setzen darf, natürlich ist er herzlich eingeladen.
In der Zwischenzeit hat sich der Platz mit diversen Caravans gefüllt und alle sind mit Feuermachen und Abendessen kochen beschäftigt, die Luft riecht nach Rauch und Essen.
John hat es sich mit einem Bier gemütlich gemacht und unterhält sich mit uns, während wir am Essen sind, er selbst ist jetzt noch nicht wirklich hungrig.
Als ich ihn frage warum er nur zusammen mit Stumpy reist, erzählt er uns seine Geschichte.
Vor ein paar Jahren ist John schwer an Leukämie erkrankt, hat unzählige Monate im Krankenhaus verbracht und sein Bruder musste für ihn Knochenmarkt spenden.
Das Problem dabei: Sein Körper hat das Knochenmarkt seines Bruders abgewiesen und die starken Medikamente die er deswegen nehmen muss, haben ihn zu dieser Zeit nebst dem Krebs fast umgebracht.
Ganz zu schweigen seine Psyche die unter den ständigen Krankenhausaufenthalten stark gelitten hat, er hat deswegen sehr starke Depressionen bekommen.
Irgendwann hat die Knochenmarkttransplantation sowie die Chemo dann trotzdem angeschlagen und ein Jahr zuvor hat er sehr gute Werte gehabt, es ist fast ein Wunder.
Ein neu geschenktes Leben, wie er uns erzählt.
Da hat er sich einen Wohnwagen aus den 70er Jahren gekauft, selbst renoviert, Stumpy eingepackt und ist mit ihm zusammen quer durch Australien gereist.
Nun geniesst er seine neu gewonnene Freiheit, zusammen mit seinem treuen Jack Russel der ihm aber auch wirklich keine Sekunde von der Seite weicht, nachts in seinem Bett schläft und fleissig laut bellend den Wohnwagen verteidigt.
Auf die Frage ob er sich manchmal trotzdem ein bisschen einsam fühlt antwortet er nur, mit all den Leuten die hier campen und die man unterwegs trifft, fühlt man sich nie einsam und mit Stumpy an seiner Seite sowieso nicht.
Wir sind sehr gerührt und wieder einmal froh darüber, dass es uns selbst so gut geht, wir so viele Privilegien haben und uns eigentlich wirklich nicht beklagen sollten.
So verschwindet auch das kurzfristige Tief dass wir am Morgen noch verspürt haben und wir freuen uns wieder auf unsere nächsten Abenteuer.
Während John seinen Fisch auf unserem Grill brät, verbringen wir mit ihm einen gemütlichen Abend an unserem Lagerfeuer, erzählen ihm von unserer Reise und all den Erlebnissen, bis uns die kühle Luft wieder einmal mehr ins warme Bett treibt.